„Flitter“ steht sowohl für glänzenden Blickfang als auch für wertlosen Tand, für Kleines, Verstreutes, scheinbar Unnützes. Im Flitter-Kram und Glitzer-Staub eröffnet sich ein Spannungsfeld zwischen Trash und Glamour, Zier und Schmutz – Ein Feld, in dem auch der Begriff Camp schillert und changiert. Flitter Journal startet daher mit einem Schwerpunkt zu diesem flüchtigen, viel geliebten und umstrittenen Stil.
Das neue Kulturjournal Flitter widmet sich mit queerem Augenmerk Schillerndem am Rand, Opulenz in der Subkultur, Trash im Rampenlicht. Wenn es jemals so etwas wie einen spezifisch queeren Zugang zur Kultur-Produktion und -Rezeption gab, dann ist dies Camp. Der von Susan Sontag als „Liebe zur Künstlichkeit, Übertreibung und Theatralik“ popularisierte Stil ist daher auch loser Anker der ersten Flitter Ausgabe. Die Erkundung dieses ungehorsamen Rezeptionsmodus und einstigen queeren Geheimcodes wird uns durch Varieté und Pop, Memes und „Molly Häuser“ führen.
Obwohl queere Camp Ästhetik die Popkultur und Designwelt nachhaltig prägte, bleiben die Spuren zu ihren LGBTQ Roots oft verborgen. Und obgleich sich Camp Culture und das Wissen über diese stets erweitern, bleiben Susan Sontags 1964 veröffentlichte Notes On Camp meist noch immer erste Referenz. Genau 60 Jahre nach deren Veröffentlichung rollen wir die Diskokugel daher nochmals von unterschiedlichen Seiten neu auf.
Wir eröffnen den Schwerpunkt mit dem Forschungsspecial Camp Stories, das uns von aristokratischen Posen in Versailles zu den (Drag) Kings und Queens früher queerer Unterwelten führt. Über den Umweg US-amerikanischer Kunstavantgarden des 20 Jahrhunderts findet der Begriff Camp eine sehr viel größere Verbreitung, wovon das Feature Die Camp Sensibility handelt. 2019 rückt Camp sogar nochmals kurz ins Zentrum der repräsentativen und finanziellen Macht: zur Celebrity Neo-Aristokratie bei der Met Gala. Diese Gala fand 2019 ja unter dem Motto „Camp“ statt. Vage an dieses Ereignis angelehnt, imaginieren wir unsere alternativen und – mit Eve Kosofsky Sedgwick gesprochen – „reparativen“ Glitterballs: einen Reigen aus Camp-Lieblingssujets – von alternden Diven, dandyhaften Posen, über maximalistische Interior Designs bis zu korrupten Telenovela Müttern.
Auch Teil der Glitterballs Reihe : Glitzernde Cowboys, San Francisco Drag Kommunen, vergessene feministische Drehbuchautorinnen der 20er Jahre und ein Ausflug in den Wiener Prater.
Außerdem im Herbst 2024:
~Im Rahmen des Queer TV Specials veröffentlicht Flitter unter anderem einen extra special Essay über die 15jährige globalen Erfolgsgeschichte von RuPaul‘s Drag Race. Außerdem: Gossip und queere True Crime Genealogien – Von Hollywood Babylon bis zum Ryan Murphy Serienuniversum
Stay tuned,
Julia Pennauer, Flitter Redaktion.